10 gängige Diabetes-Mythen widerlegt

Es gibt eine Reihe von gängigen Missverständnissen und Mythen über Diabetes, die in der Bevölkerung weit verbreitet sind [1, 2].
Diese falschen Vorstellungen und Darstellungen von Diabetes können schädlich sein, da sie zu einer ungerechtfertigten Stigmatisierung und zu Vorurteilen im Zusammenhang mit der Krankheit führen und einer angemessenen Diabetesversorgung und -behandlung im Weg stehen [1, 2, 3].
Es ist wichtig, mehr über Diabetes zu wissen und sich genau zu informieren, wenn es um den Umgang mit der Krankheit geht [2]. In diesem Artikel räumen wir mit 10 weit verbreiteten Diabetes-Mythen auf und werfen einen Blick auf die Fakten dahinter, damit Sie und Ihre Angehörigen die Krankheit besser verstehen. Fangen wir an.
1. Diabetes betrifft nur Menschen, die übergewichtig oder fettleibig sind
Viele der Mythen, die sich um Diabetes ranken, sind auf die Verwechslung von Typ-1- und Typ-2-Diabetes zurückzuführen [3]. Das Verstehen der Unterschiede zwischen diesen beiden Diabetestypen ist der Schlüssel zur Verbesserung der Diabetesaufklärung und des Lebens der Betroffenen [3].
Typ-1-Diabetes wird nicht durch Übergewicht oder Fettleibigkeit verursacht [4]. Sie wird durch eine „Fehlzündung“ des Immunsystems verursacht, bei der das körpereigene Immunsystem fälschlicherweise die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse angreift [4]. Jeder kann sie entwickeln, unabhängig von Körperform und Grösse [4]. Tatsächlich haben die meisten Menschen mit Typ-1-Diabetes ein normales Gewicht [5].
Bei Typ-2-Diabetes ist Übergewicht oder Fettleibigkeit tatsächlich ein Risikofaktor [6]. Allerdings stellt Übergewicht zwar ein Risiko dar, ist aber nicht der einzige Risikofaktor für Typ-2-Diabetes [6]. Weitere Risikofaktoren sind [6]:
- Wie viel man sich bewegt
- Familiengeschichte
- Ethnische Zugehörigkeit
- Alter
Hier gilt es noch zu erwähnen, dass viele Menschen, die Typ-2-Diabetes entwickeln, ein normales Gewicht haben [6].
2. Diabetes bedeutet, dass man keinen Zucker essen darf
Menschen mit Diabetes, egal ob Typ 1 oder Typ 2, können zuckerhaltige Lebensmittel wie Schokolade, Süssigkeiten und Nachspeisen essen - solange sie in kleinen Mengen und im Rahmen eines gesunden Ernährungsplans verzehrt werden [4, 6].
Die Vorstellung, dass Diabetes durch Zucker und zuckerhaltige Lebensmittel verursacht wird, ist falsch [2], ebenso wie die Vorstellung, dass Menschen mit Diabetes keinen Zucker oder kein Obst essen dürfen [4, 6, 7].
Der beste Weg, Diabetes in den Griff zu bekommen, ist die korrekte Einnahme der verordneten Medikamente, eine gesunde Ernährung, ein gesunder Lebensstil und die regelmässige Kontrolle des Blutzuckerspiegels [4, 6, 8].
Die Begrenzung von Zuckerzusatz ist wichtig für eine gesunde Ernährung (unabhängig davon, ob man Diabetes hat oder nicht), aber nicht der einzige Faktor [6]. Der Verzicht auf industriell verarbeitete Lebensmittel, der Verzehr von viel Gemüse und Vollkorngetreide anstelle von raffinierten Mehlen sind wichtige Säulen einer gesunden Ernährung bei Diabetes [6].
Obst enthält natürlichen Fruchtzucker und ist ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung, so dass sein Verzehr auch bei Diabetes erlaubt ist [7].

Was kann den Blutzuckerspiegel beeinflussen?
Wenn Sie an Diabetes leiden, wird Ihr Blutzuckerspiegel durch zahlreiche Faktoren beeinflusst, unter anderem durch Ihre Ernährung und Ihren Lebensstil und nicht nur durch zuckerhaltige Lebensmittel [2, 8].
So können beispielsweise stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln und Nudeln den Blutzuckerspiegel in die Höhe treiben, da sie mehr Kohlenhydrate enthalten [6]. Das bedeutet jedoch nicht, dass man sie völlig vermeiden muss [6]. Ein Gespräch mit Ihrem Betreuungsteam oder einem Ernährungsexperten kann Ihnen helfen, einen gesunden Ernährungsplan für Sie zu erstellen [6].
Andere Dinge, die bei Diabetes zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels führen können, sind [8]:
- Essen von zu grossen Mahlzeiten oder von mehr Kohlenhydraten als gewöhnlich
- Bewegungsmangel
- Unzureichende Insulineinnahme
- Krankheiten wie Erkältung oder Grippe
- Stress
- Menstruationsblutung
3. Es gibt nur eine Form von Diabetes
Die meisten Menschen haben schon von Diabetes gehört, wissen aber vielleicht nicht, dass es mehr als einen Typ gibt [4].
Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes - die beiden häufigsten Typen - sind zwei unterschiedliche Erkrankungen, die jedoch häufig verwechselt werden [4].
Hier sind einige wesentliche Unterschiede:
- Bei Typ 1 produziert der Körper überhaupt kein Insulin [4]. Bei Typ 2 wird zwar etwas, aber nicht genug Insulin produziert, oder das produzierte Insulin wird nicht richtig genutzt [4]
- Typ 1 wird in der Regel bei jungen Erwachsenen oder Kindern diagnostiziert, während Typ 2 in der Regel ab einem Alter von 40 Jahren auftritt [4]
- Wenn Sie an Typ-1-Diabetes erkrankt sind, müssen Sie jeden Tag testen und Insulin verwenden (und ausserdem eine gesunde Ernährung und Lebensweise einhalten). Typ 2 lässt sich bei manchen Menschen durch eine Änderung der Lebensweise und der Ernährung in den Griff bekommen (obwohl manchmal auch Medikamente oder Insulin benötigt werden) [4]
Bei beiden Arten handelt es sich um ernsthafte Erkrankungen, die unbehandelt zu Komplikationen führen und sogar lebensbedrohlich sein können [6].
Tatsächlich verdoppelt ein unbehandelter Diabetes das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden und verursacht jedes Jahr mehr Todesfälle als Brustkrebs und AIDS zusammen [6]. Glücklicherweise lässt sich das Risiko von Komplikationen durch eine angemessene Umstellung des Lebensstils und die Einnahme von Medikamenten erheblich verringern [6].
4. Menschen mit Diabetes sollten "diabetische" Lebensmittel verzehren
Menschen mit Diabetes brauchen keine Spezialnahrung [6].
Nach Angaben der American Diabetes Association (ADA) können selbst Lebensmittel, die als "diabetesfreundlich" bezeichnet werden, den Blutzuckerspiegel erhöhen und Zuckeralkohole enthalten, die abführend wirken [6]. Ausserdem sind sie in der Regel teurer [6].
Eine gesunde Ernährung für Menschen mit Diabetes, ist einer gesunden Ernährung für Menschen ohne diese Krankheit, sehr ähnlich [6].
5. Diabetes ist ansteckend
Der Glaube, dass Typ-1- oder Typ-2-Diabetes ansteckend ist, ist ein weit verbreitetes Märchen [2, 3, 6].
Obwohl Wissenschaftler noch nicht vollständig verstehen, warum manche Menschen Diabetes entwickeln und andere nicht, wissen sie mit Sicherheit, dass die Krankheit nicht wie eine Erkältung weitergegeben werden kann [6].
6. Menschen mit Diabetes können ihre Zehennägel nicht selbst schneiden
Menschen mit Diabetes können ihre Zehennägel selbst schneiden.
Diabetes erhöht allerdings das Risiko von Komplikationen an den Füssen, darunter Nervenschäden oder verminderte Durchblutung, so dass gewisse Vorsichtsmassnahmen zu treffen sind, um Ihre Füsse zu schützen [9].
Ihr Diabetesteam erstellt mit Ihnen gemeinsam einen Fusspflegeplan und leitet Sie bei der Fusspflege an [9].

Es wird weiterhin empfohlen, die Zehennägel bei Bedarf zu schneiden [9]. Das Schneiden der Zehennägel in gerader Richtung - nicht um die Ecken herum - mit einer Fussnagelschere und das sanfte Feilen der Nägel beugen eingewachsenen Zehennägeln und Schnitten vor [9]. Ein Podologe oder eine andere Person kann Ihnen helfen, wenn Sie Ihre Zehennägel nicht selbst schneiden können [9].
Weitere Informationen über diabetische Fusskomplikationen und wie Sie Ihre Füsse gesund halten, finden Sie in unserem Leitfaden über Diabetes und Fussgesundheit.
7. Typ-1-Diabetes ist heilbar
Typ-1-Diabetes kann bisher weder rückgängig gemacht noch geheilt werden [7].
Typ-1-Diabetes ist eine Erkrankung, die eine ständige tägliche Kontrolle erfordert. Selbst wenn Ihr Diabetes mehrere Monate unter Kontrolle zu sein scheint, bedeutet das nicht, dass Sie geheilt sind oder dass die Behandlung eingestellt werden kann [1, 7].
Klicken Sie hier, um mehr über die laufende Forschung zur Heilung von Typ-1-Diabetes zu erfahren.
Andererseits gibt es Hinweise darauf, dass Typ-2-Diabetes durch Gewichtsabnahme reversibel sein könnte [10].
8. Diabetes bedeutet, dass man nicht Auto fahren darf
Menschen mit Diabetes können durchaus sicher Auto fahren [7]. Sie müssen allerdings zusätzliche Vorsichtsmassnahmen ergreifen, um eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) zu vermeiden [7].
Darüber hinaus gibt es in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Vorschriften für das Führen eines Fahrzeugs mit insulinbehandeltem Diabetes [7].
Informieren Sie sich über die Vorschriften in Ihrem Land und sprechen Sie mit Ihrem Arzt, der Sie beraten kann [7].
9. Prädiabetes zu haben bedeutet, dass jemand definitiv Diabetes entwickeln wird
Prädiabetes ist ein Zustand, bei dem der Blutzuckerspiegel höher als normal ist, aber noch nicht hoch genug, um als Diabetes zu gelten [11].
Prädiabetes sollte ernst genommen werden und kann zu Diabetes-Symptomen oder sogar Komplikationen führen [11]. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass sich daraus ein ausgewachsener Diabetes entwickelt, vor allem, wenn Sie die Krankheit mit einer Änderung Ihrer Lebensweise in den Griff bekommen [11]. Gesunde Ernährung und Bewegung sind der Schlüssel dazu [11].
10. Menschen mit Diabetes können keinen Sport treiben
Sowohl Amateur- als auch Profisport sind für Menschen mit Diabetes sehr gut möglich [4, 12]. Solange Sie Ihren Blutzucker regelmässig kontrollieren, sich an Ihren Behandlungsplan halten und sicherstellen, dass Ihr Blutzucker im Zielbereich liegt, bevor Sie mit dem Training beginnen, spricht nichts gegen sportliche Betätigung [4].
Lassen Sie nicht zu, dass gängige Missverständnisse über Diabetes Sie daran hindern, die notwendige Versorgung zu erhalten oder jemand anderem die richtige Versorgung und Unterstützung anzubieten [1, 2].
Diabetes-Mythen können Stigmatisierung und Vorurteile verbreiten, die einer Behandlung im Weg stehen und das Risiko von Depressionen und Diabeteskomplikationen bei den Betroffenen erhöhen [3]. Wir alle müssen dafür sorgen, dies zu verhindern, indem wir mehr über die beiden Krankheiten erfahren und Fakten von Fiktion unterscheiden [3, 7].
Quellen
- Patil R, Nasrin A N, Datta SS, Boratne AV, Lokeshmaran. Popular misconceptions regarding the diabetes management: where should we focus our attention?. J Clin Diagn Res. 2013;7(2):287-291. doi:10.7860/JCDR/2013/4416.2749. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3592294/
- Rai M, Kishore J. Myths about diabetes and its treatment in North Indian population. Int J Diabetes Dev Ctries. 2009;29(3):129-132. doi:10.4103/0973-3930.54290. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2822217/
- Liu NF, Brown AS, Folias AE, et al. Stigma in People With Type 1 or Type 2 Diabetes [published correction appears in Clin Diabetes. Okt. 2017;35(4):1187-262. Folias AE [ergänzt]]. Clin Diabetes. 2017;35(1):27-34. doi:10.2337/cd16-0020. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5241772/
- Juvenile Diabetes Research Foundation (JDRF), Myths about type 1. Aufgerufen am 13.07.2023. Verfügbar unter: https://jdrf.org.uk/get-involved/youth-ambassador-programme/myths/
- George AM, Jacob AG, Fogelfeld L. Lean diabetes mellitus: An emerging entity in the era of obesity. World J Diabetes. 2015;6(4):613-620. doi:10.4239/wjd.v6.i4.613, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4434081/
- American Diabetes Association (ADA), Myths about Diabetes. Aufgerufen am 13.07.2023. Verfügbar unter: https://diabetes.org/tools-support/diabetes-prevention/diabetes-myths
- JDRF, Adult Type 1 Toolkit - Newly diagnosed, Aufgerufen am 13.07.2023. Verfügbar unter: https://www.jdrf.org/wp-content/uploads/2014/01/AdultT1D_Newlydiagnosed.pdf
- Good to Know: Factors Affecting Blood Glucose. Clin Diabetes. 2018;36(2):202. doi:10.2337/cd18-0012, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5898168/
- National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases (NIDDK), Diabetes & Foot Problems, Accessed 13/07/2023. Verfügbar unter: https://www.niddk.nih.gov/health-information/diabetes/overview/preventing-problems/foot-problems
- BMJ, Losing weight can reverse type 2 diabetes, but is rarely achieved or recorded, Accessed 13/07/2023. Verfügbar unter: https://www.bmj.com/company/newsroom/losing-weight-can-reverse-type-2-diabetes-but-is-rarely-achieved-or-recorded/
- American Diabetes Association (ADA), Diabetes Overview. Aufgerufen am 13.07.2023. Verfügbar unter: https://diabetes.org/diabetes
- Juvenile Diabetes Research Foundation (JDRF), Jabs to victories: Inspirational sports stars with type 1 diabetes. Aufgerufen am 13.07.2023. Verfügbar unter: https://jdrf.org.uk/stories/jabs-victories-inspirational-sports-stars-type-1-diabetes