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Diabetes Typ 1 Therapie: Was ist möglich?

Weltweit leben Millionen von Menschen mit Typ-1-Diabetes, einer insulinabhängigen Form der Zuckerkrankheit, bei der die Bauchspeicheldrüse zu wenig Insulin ausschüttet [1,2,3].

Die Aufgabe des Insulins besteht darin, die Aufnahme von Glukose (Zucker) in die Körperzellen zu fördern. Wenn Glukose nicht von den Körperzellen verarbeitet wird, sammelt sie sich im Blut an und verursacht eine Hyperglykämie [1,2,3].                                                                 

Die Insulintherapie ist nach wie vor die Standardbehandlung für Typ-1-Diabetes, wobei verschiedene Verabreichungsmethoden und technische Hilfsmittel das tägliche Leben der Patienten verbessern. [1,3,4]

Wie viele Menschen werden mit einer Insulintherapie behandelt?

Etwa 6 Millionen Menschen werden derzeit mit einer Insulintherapie behandelt [4]

Neue Behandlungsformen werden derzeit untersucht oder entwickelt. Es gibt noch viele Herausforderungen zu bewältigen: 

  • Verzögerung des Fortschreitens von Typ-1-Diabetes
  • Überwindung der Immunmechanismen, welche die Krankheit verursachen
  • Verhinderung auftretender Komplikationen durch die Entwicklung besserer Techniken zur Überwachung des Blutzuckerspiegels

Entwicklung von Insulinabgabesystemen , die die normale Aktivität der Bauchspeicheldrüse nachahmen [1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11].  

 

Behandlung von Typ-1-Diabetes mit Insulintherapie

Insulin-Pens

In den frühen 1980er Jahren revolutionierte die Einführung des ersten Insulinpens die Behandlung von Typ-1-Diabetes [3,8]. Der Pen ist kompakt, praktisch, diskret und präzise und hat sich schnell als hervorragende Alternative zu Spritzen und Fläschchen etabliert [3,4,8].

Der Insulinpen besteht aus einer Insulinpatrone in einem Stift mit einer feinen Einwegnadel am Ende [3,8]. 

Es gibt zwei Arten:

  • wiederaufladbar, bei dem eine Insulinpatrone ersetzt wird, 
  • Einweg-System, das vorgefüllt ist und entsorgt werden muss, wenn es leer ist [3,8].

Der Insulin-Pen ist heute die weltweit am häufigsten verwendete Behandlungsmethode für Diabetes [4,8]. Die subkutane Insulininjektion bietet zudem eine bessere Kontrolle des Blutzuckerspiegels als die Injektion in die tieferen Schichten der Dermis [1].

Allerdings kann es bei Personen, die den Insulinpen als Behandlungsmethode für Typ-1-Diabetes gewählt haben, zu medizinischen Zwischenfällen (Hypoglykämie, Blutergüsse oder Blutungen) kommen, die auf eine falsche Anwendung zurückzuführen sind. Es ist wichtig, dass

Patienten, die sich für diese Art von Insulintherapie entschieden haben, in der Anwendung geschult werden und regelmässig von medizinischem Fachpersonal überwacht werden [1,4]

 

Insulinpumpe

Das Ziel von Insulinpumpen ist die regelmässige Verabreichung von schnell und ultra-schnell wirkendem Insulin. Eine kontinuierliche Basaldosis wird je nach Bedarf über den Tag verteilt verabreicht, während im Falle einer Hyperglykämie eine zusätzliche Dosis gegeben werden kann [3,8].                                                                                                                                             

Die Insulinpumpe ist ein programmierbares Gerät, das mit einem abnehmbaren Infusionssystem ausgestattet ist. Es kann an die Besonderheiten und Bedürfnisse jedes einzelnen Nutzers angepasst werden. So ist es beispielsweise möglich, die Parameter der Insulinabgabe je nach Tageszeit oder Situation (körperliche Aktivität, Krankheit usw.) anzupassen [3,8].   
 

Wann wurde die erste Insulinpumpe erfunden?

Der erste Versuch, eine tragbare Insulinpumpe zu entwickeln, geht auf die frühen 1960er Jahre zurück. Da sie umständlich und unpraktisch war, wurde sie nie auf den Markt gebracht. Es sollte weitere 30 Jahre dauern, bis die ersten kompakten, praktischen und zuverlässigen Insulinpumpen auf den Markt kamen [3,8].

Heute ist die Insulinpumpe eine der zuverlässigsten und wirksamsten Behandlungsmethoden für Typ-1-Diabetes. Sie verbessert die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes, indem sie für eine optimale Blutzuckereinstellung sorgt und das Risiko von Hypoglykämien einschränkt [3].

 

Neue Behandlungsperspektiven

Künstliche Bauchspeicheldrüse

Da das Selbstmanagement von Typ-1-Diabetes nach wie vor schwierig und einschränkend ist, hat die Nachfrage nach der Entwicklung von Insulintherapiesystemen im geschlossenen Kreislauf (Closed-Loop-System) erheblich zugenommen.

Die ersten klinischen Studien, welche die Zuverlässigkeit solcher Geräte belegen, wurden 2010 durchgeführt [10]. Doch erst 2017 wurde das erste Gerät, das fälschlicherweise als künstliche Bauchspeicheldrüse bezeichnet wurde, nach nicht-randomisierten klinischen Studien zugelassen [5].

Es handelt sich dabei nicht um ein transplantierbares künstliches Organ, sondern um ein Bündel hochentwickelter Technologien, das ein Gerät zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM), eine externe Insulinpumpe und eine Steuereinheit (in manchen Fällen ein Smartphone) umfasst [10]. 

Wie funktioniert die „künstliche Bauchspeicheldrüse“?

Die Steuereinheit verwendet mathematische Algorithmen, um die Dosis des von der Pumpe subkutan abgegebenen Insulins in Abhängigkeit von den kontinuierlich gemessenen Blutzuckerwerten automatisch anzupassen [5,10]. Die meisten künstlichen Bauchspeicheldrüsensysteme verfolgen einen hybriden Ansatz, bei dem der Patient die Abgabe von schnell wirkendem Bolusinsulin vor einer Mahlzeit manuell auslöst [10].

Die erzielten Ergebnisse sind sehr ermutigend. Klinische Studien haben gezeigt, dass der Einsatz einer künstlichen Bauchspeicheldrüse den Anteil der Zeit, die im optimalen Blutzuckerbereich verbracht wird, um 10 % erhöht, die Zeit der Hypoglykämie um die Hälfte reduziert und den HbA1c-Wert (glykiertes Hämoglobin) um 0,3 % verbessert [5].

Angesichts ihrer Wirksamkeit könnte sich die künstliche Bauchspeicheldrüse in naher Zukunft als Standardtherapie für Typ-1-Diabetes etablieren [5]. Die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes würde sich erheblich verbessern, da eine bessere Kontrolle des Blutzuckerspiegels nicht nur das tägliche Leben angenehmer macht, sondern auch Ängste abbaut, einen besseren Schlaf ermöglicht und eine grössere Flexibilität bei den Ernährungsgewohnheiten bietet [10].

 

Pankreas- und Langerhans-Inseltransplantation und Stammzelltherapie

Derzeit gibt es zwei therapeutische Strategien zum Ersatz von Betazellen in der Bauchspeicheldrüse von Menschen mit Typ-1-Diabetes: 

  • Transplantation von Langerhans-Inseln, welche die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse enthalten [2] 
  • Transplantation einer Bauchspeicheldrüse von einem Spender [6].

Beide Therapien haben jedoch ihre Grenzen, da nur eine begrenzte Anzahl von Spendern zur Verfügung steht und der Patient Medikamente einnehmen muss, um eine Abstossung des Transplantats zu vermeiden, was häufig mit einer Reihe von Nebenwirkungen verbunden ist [6].

Um diese Hindernisse zu überwinden, haben internationale Forscherteams eine Technik entwickelt, bei der die eigenen pluripotenten Stammzellen des Patienten als Grundlage für die Erzeugung unbegrenzter insulinproduzierender Zellen dienen [6].

In den letzten zehn Jahren wurden bemerkenswerte Fortschritte bei der Erzeugung funktioneller Beta-Pankreaszellen aus menschlichen Stammzellen erzielt. Allerdings greift das Immunsystem des Patienten die transplantierten Pankreaszellen an [6].   

Um zu verhindern, dass die Erfolgschancen dieser Behandlung durch Abstossung beeinträchtigt werden, arbeiten die Labors derzeit an einer Reihe von Lösungen, bei denen die Verkapselungstechnologie, Ansätze zur Immunmodulation und Gen-Editing-Techniken zum Einsatz kommen [6].

 

Insulinpillen

Internationale Forscherteams arbeiten seit mehreren Jahrzehnten an der Entwicklung einer Insulinpille, die Menschen mit Typ-1-Diabetes die täglichen Insulininjektionen ersparen und ihnen gleichzeitig die Einhaltung ihres Behandlungsprogramms erleichtern soll [7].

Diese Behandlungsmethode befindet sich derzeit in der klinischen Erprobung. Die orale Insulinverabreichung ist umso schwieriger, weil das Insulin durch die im Magen vorhandene Magensäure leicht abgebaut und nur schlecht durch die Darmwand absorbiert wird. Es muss daher in eine schützende, säurebeständige Hülle eingekapselt werden [7,9].                                                             

Neuerdings wurden Versuche mit Kapseln durchgeführt, die Insulin in Suspension in einer ionischen Flüssigkeit enthalten und mit säurebeständigen Molekülen beschichtet sind. Nach den ersten positiven Ergebnissen müssen die Forscher nun präklinische Tests durchführen, um die langfristige Ungiftigkeit der Pille zu beweisen [7].                                                                                                                          

Andere Forscher haben eine Kapsel entwickelt, die Insulin mit Hilfe einer Mikronadel in die Magenschleimhaut injizieren kann, um eine Perforation zu vermeiden [9].
Heute werden auch andere Formen von Insulinpillen klinisch getestet. Ziel ist es, die optimale Dosierung und die Körperverträglichkeit dieser neuen oralen Behandlungen zu ermitteln, die im Erfolgsfall das Leben von Menschen mit Typ-1-Diabetes erleichtern könnten [7].

 

Immuntherapie: Auf dem Weg zu einem Diabetes-Impfstoff

Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung [2,11], die eine allmähliche Zerstörung der insulinproduzierenden Betazellen verursacht [2].

Das Konzept, dass der Entwicklung eines Diabetes-Impfstoffs zugrunde liegt, besteht darin, das Immunsystem daran zu hindern, die verbleibenden Zellen der Bauchspeicheldrüse angreifen, damit die Insulinproduktion fortgesetzt werden kann [2].

In den letzten zehn Jahren wurde in fast 70 klinischen Studien die Wirksamkeit einer Reihe von Immuntherapieansätzen getestet, welche die für Typ-1-Diabetes spezifische Autoimmunreaktion abschwächen können [11].
Einer der vielversprechendsten Wege für die Entwicklung eines Diabetes-Impfstoffs ist die Verwendung von monoklonalen Anti-CD3-Antikörpern [2]. Diese Antikörper reduzieren den Verlust funktioneller Betazellen der Bauchspeicheldrüse bis zu sieben Jahre nach dem Ausbruch vo Typ-1-Diabetes [11].

Eine kürzlich durchgeführte klinische Studie hat gezeigt, dass die Verabreichung von Anti-CD3-Antikörpern an Familienmitglieder von Patienten mit Typ-1-Diabetes, die also ein hohes Risiko haben, selbst zu erkranken, das Fortschreiten der Krankheit um durchschnittlich zwei Jahre verlangsamt [2]. Könnte der Traum von einem wirksamen Diabetes-Impfstoff Wirklichkeit werden?

Quellen

  1. Tosun B, Cinar FI, Topcu Z, Masatoglu B, Ozen N, Bagcivan G, et al. Do patients with diabetes use the insulin pen properly? Afri Health Sci. 2019; 19(1). 1628-1637.
  2. Herold KV et al. An Anti-CD3 Antibody, Teplizumab, in Relatives at Risk for Type 1 Diabetes. N Engl J Med 2019;381:603-13.
  3. Klemen Dovc, Tadej Battelino. Evolution of Diabetes Technology. Endocrinol Metab Clin North Am. 2020 Mar;49(1):1-18. doi: 10.1016/j.ecl.2019.10.009. Epub 2019 Dec 4.
  4. Teresa H Truong, Trang T Nguyen, Becky L Armor, Jamie R Farley. Errors in the Administration Technique of Insulin Pen Devices: A Result of Insufficient Education. Diabetes Ther. 2017 Apr;8(2):221-226. doi: 10.1007/s13300-017-0242-y. Epub 2017 Mar 4.
  5. Benhamou PY et al. Closed-loop insulin delivery in adults with type 1 diabetes in real-life conditions: a 12-week multicentre, open-label randomised controlled crossover trial. The Lancet Digital Health Volume 1, Issue 1, May 2019, Pages e17-e25.
  6. Sneddon JB et al. Stem Cell Therapies for Treating Diabetes:Progress and Remaining Challenges. Cell Stem Cell22, June 1, 2018.
  7. Banerjee A. et al. Ionic liquids for oral insulin delivery. PNAS July 10, 2018 115 (28) 7296-7301.
  8. Andrew Fry. Insulin delivery device technology 2012: where are we after 90 years? J Diabetes Sci Technol. 2012 Jul 1;6(4):947-53. doi: 10.1177/193229681200600428.
  9. Abramson A et al. An ingestible self-orienting system for oral delivery of macromolecules. Science 363, 611–615 (2019) 8 February 2019.
  10. Boughton C. et Hovorka R. Advances in artificial pancreas systems. Science Translational Medicine, 20 Mar 2019: Vol. 11, Issue 484, eaaw4949.
  11. M.A Atkinson et al. The challenge of modulating β-cell autoimmunity in type 1 diabetes. Lancet Diabetes Endocrinol. janvier 2019.

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